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Die Begriffe „marktbasierte“ und „standortbasierte Emissionen“ bezeichnen zwei verschiedene Methoden zur Bilanzierung von Treibhausgasemissionen des Geltungsbereichs 2, also der Emissionen, die mit dem Kauf von Strom, Wärme und Dampf eines Unternehmens verbunden sind. Die EU legt großen Wert auf Ziele für erneuerbare Energien, Energiemärkte und Emissionshandelsmechanismen, die die Bilanzierung von Emissionen durch Unternehmen beeinflussen. Wir erläutern diese Unterschiede im Folgenden.

1. Standortbezogene Emissionen

Diese Methode berechnet die Emissionen basierend auf der durchschnittlichen Kohlenstoffintensität des Netzes am Standort des Energieverbrauchs. Dabei werden die spezifischen Stromverträge eines Unternehmens nicht berücksichtigt, sondern der breitere Energiemix (z. B. Kohle, Erdgas, erneuerbare Energien) des regionalen Netzes. Nehmen wir beispielsweise an, ein in New York tätiges Unternehmen verbraucht 1.000 MWh Strom. Das regionale Netz in New York wird mit einem Mix aus fossilen Brennstoffen, Kernenergie und erneuerbaren Energien betrieben, was zu einem durchschnittlichen Emissionsfaktor von 500 kg CO₂ pro MWh führt. Mit dem standortbasierten Ansatz würden die Scope-2-Emissionen des Unternehmens wie folgt aussehen:

1.000 MWh × 500 kg CO₂/MWh = 500.000 kg CO₂ (oder 500 Tonnen)

Diese Berechnung ist unkompliziert und basiert auf den durchschnittlichen Emissionen des regionalen Netzes, unabhängig davon, ob das Unternehmen grüne oder erneuerbare Energie gekauft hat.

2. Marktbasierte Emissionen

Der marktbasierte Ansatz berücksichtigt die tatsächlichen Emissionen, die mit den spezifischen Stromkäufen eines Unternehmens verbunden sind. Diese Methode berücksichtigt Verträge für erneuerbare Energien, Stromabnahmevereinbarungen (PPAs) oder Zertifikate für erneuerbare Energien (RECs), die ein Unternehmen möglicherweise besitzt. Unternehmen können dadurch geringere Emissionen geltend machen, wenn sie Strom aus erneuerbaren Quellen beziehen. Beispielsweise verbraucht dasselbe Unternehmen in New York 1.000 MWh Strom, hat aber einen Vertrag zum Kauf von 100% seines Stroms von einem Solarpark unterzeichnet, der keine CO2-Emissionen erzeugt. Nach dem marktbasierten Ansatz würden die Scope-2-Emissionen des Unternehmens wie folgt aussehen:

1.000 MWh × 0 kg CO₂/MWh (da aus erneuerbarer Energie) = 0 kg CO₂

Hier werden die Emissionen des Unternehmens auf Null reduziert, weil es Strom aus einer CO2-freien Quelle kauft, obwohl das weitere Netz immer noch CO2 ausstößt.

Somit liefern standortbasierte Emissionen eine Emissionsbasis auf Grundlage der allgemeinen Kohlenstoffintensität der örtlichen Stromversorgung, während marktbasierte Emissionen die Emissionen aus der Energie widerspiegeln, die das Unternehmen unter Berücksichtigung von Investitionen in grüne Energie vertraglich zu kaufen verpflichtet ist.

Scope-2-Schätzung in der Europäischen Union

Beim Vergleich marktbasierter und standortbasierter Emissionen in der Europäischen Union (EU) ergeben sich aufgrund der Energiepolitik, der regulatorischen Rahmenbedingungen und der Netzdynamik der Region einige wesentliche Unterschiede. Die EU legt großen Wert auf Ziele für erneuerbare Energien, Energiemärkte und Emissionshandelsmechanismen, die die Bilanzierung von Emissionen durch Organisationen beeinflussen.

In der EU spielen Herkunftsnachweise (GOs) eine entscheidende Rolle im marktbasierten Ansatz der Emissionsbilanzierung. Gemäß der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU werden für jede erzeugte Megawattstunde (MWh) erneuerbaren Stroms Herkunftsnachweise ausgestellt. Unternehmen, die erneuerbaren Strom kaufen, können mit diesen Nachweisen geringere marktbasierte Emissionen geltend machen. Sie belegen, dass der Strom aus erneuerbaren Energien wie Wind-, Solar- oder Wasserkraft stammt, und ermöglichen es Unternehmen, reduzierte Emissionen in ihrer CO2-Bilanz auszuweisen.

Die standortbasierte Methode in der EU basiert auf dem nationalen oder regionalen Netzmix. Obwohl die EU ihren Anteil an erneuerbaren Energien erhöht hat, sind die Energiesysteme vieler Länder immer noch in unterschiedlichem Maße von fossilen Brennstoffen (z. B. Kohle, Erdgas) abhängig. In Regionen mit kohlenstoffintensiveren Energienetzen bleiben die standortbasierten Emissionen höher, selbst wenn die Organisation erneuerbare Energien über Herkunftsnachweise bezieht.

Wir bieten eine Vergleichstabelle der beiden Methoden in der EU angesichts ihrer strengeren Vorschriften

AspektMarktbasiertStandortbasiert
EnergiemixSpiegelt vertragliche Käufe erneuerbarer Energien über Herkunftsnachweise widerSpiegelt die durchschnittliche Emissionsintensität des nationalen oder regionalen Netzes wider
Nutzung erneuerbarer EnergienBeinhaltet den Kauf erneuerbarer Energien, der durch GOs oder Stromabnahmeverträge (PPAs) abgesichert ist.Spiegelt den tatsächlichen Anteil erneuerbarer Energien am Netzmix wider
RegulierungsmechanismenAn die EU-Richtlinie für erneuerbare Energien und die Herkunftsnachweise gebundenKein direkter Link zu GOs, basierend auf Rasterdaten
Variabilität nach LändernGeringe marktbasierte Emissionen in Ländern mit hohem Anteil erneuerbarer Energien (Deutschland, Dänemark)Die standortbezogenen Emissionen variieren je nach Energiemix des Landes (z. B. niedriger in Schweden, höher in Polen).
Einfluss der CO2-BepreisungIndirekter Einfluss des EU-EHS auf EnergiebezugsentscheidungenIndirekter Einfluss: Durch die CO2-Bepreisung werden die Energienetze in Richtung Dekarbonisierung verschoben
Bilanzierung von EmissionszertifikatenOrganisationen können Emissionen durch den Kauf von Instrumenten für erneuerbare Energien (GOs) reduzieren.Keine Gutschriften oder Instrumente, spiegelt nur die Netzrealitäten wider

Wir veranschaulichen die Funktionsweise anhand von Österreich, Schweden, Deutschland und Polen.


EU-Mitgliedsländer (Quelle: https://schengen.news/schengen-area-member-countries/)

Marktbasierte Emissionen: Ein in Wien ansässiges Unternehmen, das erneuerbare Energie von einem Wasserkraftproduzenten unter Verwendung von Herkunftsnachweisen (GOs) kauft, wird sehr niedrige oder sogar keine marktbasierten Scope-2-Emissionen melden.

Österreich:

Marktbasierte Emissionen: Sehr gering, wenn Unternehmen erneuerbare Energie mit Herkunftsnachweisen kaufen, insbesondere aufgrund der großen Wasserkraftkapazität Österreichs und der Verfügbarkeit erneuerbarer Energien.

Standortbezogene Emissionen: Niedrig, da das österreichische Energienetz überwiegend aus erneuerbaren Quellen wie Wasserkraft, Wind und Sonne gespeist wird und damit zu den saubereren Netzen in Europa gehört.

Deutschland:

Marktbasierte Emissionen: Niedrig, wenn Unternehmen erneuerbare Energien über PPAs oder GOs kaufen, insbesondere angesichts der großen Kapazitäten an erneuerbaren Energien in Deutschland.

Standortbezogene Emissionen: Höher als in Schweden, da Deutschland trotz starker Investitionen in erneuerbare Energien immer noch auf Kohle und Erdgas angewiesen ist.

Polen:

Marktbasierte Emissionen: Können reduziert werden, wenn Unternehmen Herkunftsnachweise oder Verträge für erneuerbare Energien erwerben, allerdings sind die Optionen für erneuerbare Energien im Vergleich zu Ländern wie Deutschland oder Dänemark geringer.

Standortbezogene Emissionen: Sehr hoch, da Polen bei der Stromerzeugung stark auf Kohle angewiesen ist.

Zusammenfassend: In der EU werden sowohl marktbasierte als auch standortbasierte Emissionsbilanzierungsmethoden von verschiedenen Faktoren beeinflusst, darunter Herkunftsnachweise, nationale Netzmixe und regionale Energiemärkte. Marktbasierte Emissionen ermöglichen es Unternehmen, Instrumente für erneuerbare Energien wie Herkunftsnachweise zu nutzen, während standortbasierte Emissionen den tatsächlichen Energiemix der nationalen oder regionalen Netze widerspiegeln. Das komplexe regulatorische Umfeld der EU, einschließlich des Emissionshandelssystems und der Erneuerbare-Energien-Richtlinie, erweitert die Emissionsbilanzierung um weitere Ebenen. Daher ist es für Unternehmen unerlässlich, beide Methoden in ihrer Umweltberichterstattung zu berücksichtigen.

Quellen:

Europäische Kommission. (2021). Nationaler Energie- und Klimaplan Österreichs (NECP). Abgerufen von https://ec.europa.eu/energy

Österreichische Energieagentur. (2020). Energiemix Österreichs: 75% Erneuerbarer Strom. Abgerufen von https://www.energyagency.at

Emissionshandelssystem der Europäischen Union (EU-ETS). Konformitätsdaten 2020. Abgerufen von https://ec.europa.eu/clima

Herkunftsnachweise (GO). Tracking erneuerbarer Energien in Österreich. Abgerufen von https://www.aib-net.org

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